Ich finde, die Plazenta ist ein faszinierendes Organ. Sie ist genauso einzigartig wie dein Kind, denn sie wächst nur für diese eine Schwangerschaft heran, um dein Baby im Mutterleib zu versorgen und zu beschützen. Sie heißt auch Mutterkuchen, was ein treffender Name ist. Sie nährt dein Kind und versorgt es mit allem was es braucht und gibt ihm quasi immer das beste Stück vom Kuchen ab.
Gleichzeitig hält die Plazenta Schadstoffe und Krankheitserreger fern und versetzt deinen Körper in die Lage schwanger zu bleiben, so dass sich der Fötus in Ruhe und ungestört entwickeln kann. Es lohnt sich also, einmal einen genauen Blick auf dieses Organ zu werfen, denn die Plazenta, mit ihren vielfältigen Aufgaben, macht das Wunder des Lebens überhaupt erst möglich.
Plazenta-Grundwissen: Entstehung und Aussehen
Die Einnistung der befruchteten Eizelle in deiner Gebärmutter, legt den Start der Plazentabildung. Hier setzen die Eihäute an, aus denen sich die Fruchtblase bildet. In der Fruchtblase kann dein Baby in einer sicheren Umgebung gut geschützt heranwachsen.
Die Plazenta wächst in den ersten 12 Wochen deiner Schwangerschaft heran, um ihre Versorgungsfunktion zu übernehmen. Dabei geht es nicht nur um die Ernährung deines Kindes, sondern sie hat eine zentrale Bedeutung, die Schwangerschaft zu erhalten. Sie löst nämlich nach drei Monaten den Gelbkörper ab, und produziert dann das so wichtige Progesteron.
Die Größe der Plazenta hängt linear von der Entwicklung deines Kindes ab. Je größer dein Kind ist, desto größer ist auch die Plazenta. So wird jedes Baby, egal ob schwer oder leicht optimal versorgt.
Die endgültige Form des Mutterkuchens ist oval und hat einen Durchmesser von 15 bis 20 Zentimetern. Am Ende der Schwangerschaft wiegt er im Schnitt etwa 500 Gramm. An den Rändern setzen die Eihäute, also die Fruchtblase an. In der Mitte liegt die Nabelschnur, die dein Baby über dessen Bauchnabel mit dir verbindet.
Die Plazenta selbst ist durchzogen von vielen Blutgefäßen. Sie hatte eine mütterliche und eine kindliche Seite. Die Seite der Mutter nennt man Basalplatte. Sie ist mit Blutgefäßen durchzogen. Die Seite des Babys heißt Chorionplatte. Hier liegen auch die Chorionzottenbäume, die bei einer Chorionzottenbiopsie punktiert werden. Dazwischen befindet sich der intervillöse Raum, der mit mütterlichem Blut gefüllt ist und in den die Zotten hineinragen. Eine dünne Haut, die sogenannte Plazentaschranke, trennt die beiden Blutkreisläufe voneinander. So ist es z.B. möglich, dass Mutter und Kind zwei unterschiedliche Blutgruppen haben können.
Die Aufgabe der Plazenta
Die Plazenta ist in der Lage den mütterlichen Blutkreislauf mit dem des Babys zu verbinden, ohne, dass ein direkter Blutaustausch stattfindet. Durch die Plazentaschranke können die Nährstoffe und der Sauerstoff aus dem Blut der Mutter zum Baby gelangen, schädliche Stoffe oder Krankheitserreger bleiben aber zu großen Teilen außen vor. Nur einige Viren, wie zum Beispiel Windpocken oder Röteln können die Plazentaschranke überwinden. Aber auch Drogen, Alkohol und Nikotin und einige Medikamente dringen bis zu Babys Blutkreislauf vor. Dein Frauenarzt und deine Hebamme können dich darüber aufklären wie du dich in der Schwangerschaft verhalten solltest, um diese Stoffe und Erreger zu vermeiden. Auf dem Internetportal “Embryotox” con der Charite in Berlin, kannst du dich über die Wirkung von bestimmten Arzneimitteln in der Schwangerschaft und Stillzeit informieren.
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Eine weitere sehr wichtige Aufgabe der Plazenta ist die Hormonproduktion. Das von ihr ausgeschüttete Progesteron unterdrückt die Regelblutung, entspannt die Gebärmutter und führt zu einer Auflockerung der mütterlichen Körpergewebe. So wie das Hormon HCG dient ebenfalls zum Erhalt der Schwangerschaft.
Die Plazenta hat auch eine Endsorgungsfunktion. Alle Abfallstoffe aus dem Stoffwechsel des Babies, werden in der Plazenta gespeichert oder ans mütterliche Blut abgegeben.
Die Eihäute, die die Fruchtblase bilden, produzieren das lebenswichtige Fruchtwasser, in dem dein Baby schwimmt. Zum Ende der Schwangerschaft hin lässt die Plazenta langsam in ihrer Funktion nach. Daher wird dein Arzt mit dem Ultraschall den Fruchtwasserstand überprüfen, und sich das Plazentagewebe ansehen. Hier bilden sich nämlich im Laufe der Zeit Kalkblagerungen. So kann er sehen, wie gut die Plazenta noch arbeitet.
Die Lage der Plazenta kann wichtig sein
Je nachdem wo sich das Ei in der Gebärmutter einnistet, bildet sich auch die Plazenta aus. Im Laufe der Schwangerschaft kann sich die Lage aber noch etwas verschieben. Am häufigsten ist eine Hinterwandplazenta anzutreffen. Hier liegt der Mutterkuchen an der Rückwand der Gebärmutter oben am Gebärmutterfundus. Sie zeigt also Richtung Wirbelsäule der Mutter.
Ebenfalls üblich ist eine Vorderwandplazenta, bei der die Lage Richtung Bauchwand zeigt. Wenn du eine Vorderwandplazenta hast, dann pass ein bisschen auf bei Stürzen oder Druck gegen die Bauchwand, denn die Plazenta ist ein bisschen weniger geschützt als eine Hinterwandplazenta. Es kann auch sein, dass du Kindsbewegungen hier später spürst, denn die Plazenta liegt ja zwischen der Bauchdecke und dem Baby.
Ganz im Gegensatz dazu ist eine tief sitzende Plazenta oder eine Plazenta Praevia etwas, was deinen Arzt und deine Hebamme aufmerksam werden lässt. Eine tief sitzende Plazenta wird in der Regel gut beobachtet, denn es kann sich eine Plazenta Praevia daraus entwickeln. Bleibt es jedoch nur beim tiefen Sitz, ist das gerade noch im Normalbereich.
Von einer Plazenta Praevia spricht man, wenn der Mutterkuchen bis an den Rand oder sogar über den Gebärmutterhals hinausragt oder diesen vollständig bedeckt. Das ist aber wirklich sehr selten und kommt nur bei etwa einem Prozent aller Schwangeren vor. Es kann auch sein, dass eine Plazenta Praevia, die am Anfang der Schwangerschaft festgestellt wurde im Verlauf die Lage noch verändert, da die Gebärmutter noch wächst. Daher kann erst ab der Mitte der Schwangerschaft eine zuverlässige Diagnose gestellt werden.
Was passiert nach der Geburt des Kindes mit der Plazenta?
Die Plazenta versorgt dein Baby zuverlässig mit Sauerstoff und Nährstoffen, solange es in deinem Bauch ist. Nach der Geburt geht diese Versorgung noch einige Minuten weiter. Während man in der Vergangenheit ein frühes Abnabeln, direkt nach der Geburt, praktizierte, wird heutzutage sehr oft etwas gewartet, bevor ein Baby vom Mutterkuchen getrennt wird. Das Blut pulsiert nach der Geburt noch etwas durch die Nabelschnur, weshalb man dies “Auspulsieren” nennt.
Dein Baby kann durch spätes Abnabeln ganz in Ruhe seine ersten Atemzüge machen und der Kreislauf stellt sich etwas sanfter auf die Lungenatmung um. Es erhält auch noch zusätzliches Nabelschnurblut, was sich in den ersten sechs Monaten mit einem höheren Eisenspiegel bemerkbar macht.
Bei Frühchen hat man festgestellt, dass spätes Abnabeln das Risiko einer Hirnblutung um 50 Prozent senken kann.
Auch die Plazenta wird geboren
Hast du die Geburt deines Babys geschafft, kannst du dich erst mal 10 bis 20 Minuten ausruhen. Dann kommt in der Regel die Nachgeburt, bei der die Plazenta von der Gebärmutter getrennt wird. Noch einmal zieht sich die Gebärmutter dafür kräftig zusammen. Die Haftfläche verkleinert sich und der Mutterkuchen löst sich ab.
Die Geburt der Plazenta ist ein schneller und schmerzloser Vorgang. Die Mutter schiebt ein bisschen, die Hebamme zieht vorsichtig an der Nabelschnur und schon gleitet die weiche Plazenta heraus. Erst wenn die Nachgeburt vollständig da ist, ist für uns Hebammen die Geburt abgeschlossen. Erst dann gratulieren wir den frisch gebackenen Eltern und das Wochenbett kann beginnen.
Ab und an gibt es den Fall, dass die Nachgeburt nicht vollständig ist. Das ist problematisch, denn wenn sich der Mutterkuchen in der Gebärmutter nicht vollständig gelöst hat, drohen stärkere Blutungen oder später Infektionen. Ärzte und Hebammen schauen sich deshalb deine Nachgeburt sehr genau an, ob Stücke fehlen. Auch der Sitz der Nabelschnur ist wichtig. Sehr selten gibt es Ausläufer, die auf eine Nebenplazenta hinweisen können. Oder es finden sich Nabelschnuransätze, die auf der Eihaut sitzen.
Jetzt zeigt sich auch der Zustand der Plazenta. Dabei finden wir bei Raucherinnen oder Diabetikerinnen oft Kalksplitter, die auf eine bereits verkalkte und daher eher schlecht arbeitende Plazenta hindeuten. Die Babys, die so eine Plazenta hatten, wurden in den letzten Tagen oder Wochen der Schwangerschaft oft nicht mehr so gut versorgt. Die Kinder sind meistens kleiner und leichter.
Wenn du möchtest, kannst du dir deine Plazenta nach der Geburt ansehen: Sicher erklärt dir die Hebamme alles ganz genau. In meinen Augen ist der Mutterkuchen ein wundervolles Organ, das es durchaus verdient hat, ihm respektvoll und angstfrei zu begegnen. Aber viele Eltern scheuen den Blick darauf.
Lotusgeburt – wenn das Baby nicht abgenabelt wird
Das gibt es tatsächlich auch und nennt sich Lotusgeburt. Beliebt ist diese Geburtsform vor allem in alternativen Kreisen. Dabei wird der geborene Mutterkuchen täglich mit Salzen und Kräutern eingerieben und ständig mit dem Baby herum transportiert. Die Konservierung soll die Trocknung des Gewebes vorantreiben und der Geruchsbildung und bakteriellen Zersetzung entgegenwirken. Das wird so lange gemacht, bis die Nabelschnur vom Nabel des Babies abfällt, was etwa nach 10 Tagen passiert.
Was passiert nach der Geburt mit der Plazenta?
Hast du dein Kind im Krankenhaus entbunden, wird die Plazenta dort in der Regel entsorgt. Weil sie „Sondermüll“ ist, geschieht das in der Regel durch Verbrennung. Wenn du möchtest, kannst du deine Plazenta auch der Forschung spenden. Dann kann an dem Organ zum Beispiel getestet werden, ob ein Wirkstoff die Plazentaschranke durchdringen kann.
Früher gab es auch Plazentakosmetik. Die dafür benötigten Plazenten wurden den Kliniken abgekauft. Seit den 80er Jahren gibt es das aber wegen möglicher Infektionen nicht mehr.
Wohin mit dem Mutterkuchen nach einer Hausgeburt?
Wenn du dein Baby bei dir Zuhause entbindest, dann darfst du offiziell deine Plazenta nicht einfach in den Hausmüll geben. Du musst sie speziell entsorgen.
Einen Baum pflanzen
Ein traditioneller Brauch ist, den Mutterkuchen im Garten zu vergraben und einen Baum darauf zu pflanzen. Doch geschlechtsneutral geht es dabei nicht zu: Die Mädchen bekommen einen Apfelbaum die Buben einen Birnbaum. Tatsächlich ist die Plazenta sehr nährstoffreich und ein perfekter Dünger für das Lebensbäumchen. Der Sage nach sind die späteren Früchte dann für das Kind von besonders heilsamer Wirkung.
In anderen Kulturkreisen wie Afrika oder Asien wird die Plazenta traditionell Zwilling des Neugeborenen verehrt. Dort gibt es spezielle Bestattungszeremonien für sie.
Plazentanosoden – Globuli aus Plazenta
Seit einigen Jahren haben Mütter die Möglichkeit ihre Plazenta zu Globuli verarbeiten zu lassen. Dafür musst du an einen Produzenten deiner Wahl eine Plazentaprobe per Post schicken. Dieser stellt innerhalb von ca. 10 Werktagen die Globuli her.
Folgende Wirkung sagt man den Globuli zu:
· Förderung der Selbstheilung
· Stärkung des Immunsystems
· Hilfe bei Stress und nervösen Zuständen
· Kraft, Stärke und Gesundheit
· Hilfe bei Erkältung
· Mittel gegen Migräne
· Linderung von Regelschmerzen
· Wirksam bei Neurodermitis
Außerdem wirken die Plazentanosoden bei Kindern angeblich bei Bauchschmerzen, Blähungen und Verdauungsbeschwerden, lindern Unruhe und Hautausschläge und stärken das Immunsystem.
Ich möchte allerdings an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es keinen wissenschaftlichen Beleg für die Wirksamkeit gibt. Ein Hersteller der Globuli ist zum Beispiel die Engel Apotheke in Freiburg.
Plazentakunst – Abdruck für die Ewigkeit
Vielleicht ist es für die eine oder andere eine schöne Erinnerung an die Geburt, mit der Plazenta ein Bild zu gestalten. Das geht im Prinzip sehr einfach. Nach der Geburt wird der Mutterkuchen gewaschen und abgetrocknet. Dann bestreichst du ihn mit einer Farbe deiner Wahl und drückst eine Leinwand darauf. So erhältst du einen perfekten Abdruck des Gewebes und der Blutgefäße, der ein wenig einer Baumkrone ähnelt. Mit etwas Fantasie lässt sich ein Lebensbaum erkennen. Die Nabelschnur ist der Stamm.
Plazenta essen – ein umstrittener Trend
Obwohl Geburten seit Jahrtausenden im Prinzip immer gleich ablaufen, unterliegen auch sie Trends. Eine eher fragwürdige Erscheinung der letzten Jahre kommt aus den USA, die Plazentophagie. Hierbei wird, in Anlehnung an die Tierwelt propagiert, dass die Plazenta nach der Geburt möglichst verspeist werden sollte. Dafür gibt es sogar spezielle Plazentarezepte.
Dem werden folgende eventuelle positive Wirkungen für die Mutter zugeschrieben. Der Eisenhaushalt soll sich erhöhen und der Hormonhaushalt schneller normalisieren. Das vermeidet die gefürchtete Wochenbettdepression. Außerdem sollen Blutungen reduziert werden.
Ärzte sind allerdings weniger begeistert von diesem Trend. Im Gegenteil. Sie warnen sogar davor die Plazenta zu verspeisen. Das Organ dient ja für das Baby als Filter, sodass sich dort auch jede Menge Giftstoffe einlagern. Es finden sich Schwermetalle, Arsen und Blei im Gewebe. Wenn du das genauer wissen willst, dann schau dir diesen lustigen Cartoon an. Hier wird die Funktion und Filterwirkung der Plazenta noch einmal erklärt und auch auf die Plazentophagie eingegangen.
Keine Berührungsangt vor dem Baum des Lebens
Ich hoffe, ich konnte dir dieses großartige Organ etwas näherbringen. Ihr Stellenwert bei einer Schwangerschaft ist tatsächlich sehr hoch und wenn man unsere Schwangerschaft einmal aus der philosophischen Perspektive betrachten möchte, dann ist die Plazenta tatsächlich ganz essenziell am Wunder des Lebens beteiligt. Oder ist es etwa nicht unglaublich, dass zwei getrennte Blutkreisläufe es schaffen sich über ein Organ soweit auszutauschen, dass du dein Kind mit allem was es benötigt versorgen kannst und gleichzeitig gegen so vieles was ihm schadest beschützt?
Vielleicht traust du dich ja sogar nach der Geburt, einen Blick darauf zu werfen. Meiner Erfahrung nach haben die Mütter dies selten bereut, sondern waren im Gegenteil sehr positiv überrascht.
1 Kommentar
Danke. Dieser Artikel hat mich getröstet.